Ein kurzer Post zur Fluggastrechteverordnung – mitten aus dem Leben.
Wer fiebert nicht nach den letzten anderthalb Jahren Urlaub auf Balkonien eeeeendlich der ersten lang ersehnten Fernreise entgegen?
Mir und meinem Partner ging es nicht anderes. Voll geimpft soll es nach Island gehen, Land von Eis und Feuer…. und Islandpferden natürlich <3
Wir hatten Glück, unglaublich günstige Flüge – zwar bei einer dieser „Billig-Airlines“, aber was kann schon passieren? Wir buchen eine „flexible“ Variante, um die Reisedaten ändern zu können, falls der Vulkan weiter ausbricht.
Eine Woche nach der Buchung, Hotels, Mietwagen und Aktivitäten sind inzwischen alle gebucht kommt dann eine E-Mail an einem Samstagnachmittag:
Der Satz der jedem Fluggast sofort Bauchschmerzen bereitet – „Wir entschuldigen uns vielmals für die Unannehmlichkeiten“
„Wir entschuldigen uns vielmals für die Unannehmlichkeiten, aber wir haben Ihren Flug gecancelt und Sie auf einen anderen Flug gebucht. Bitte nehmen Sie die Änderung an.“
Zwei kurze Herzinfarkte später (einen bei mir und einen bei meinem Partner) stellen wir fest, die neuen Flüge liegen 3 volle Tage vor den alten. Unsere Reiseplanung – weitestgehend unbrauchbar. Wir versuchen auf der Website nach alternativen Flügen zu suchen. Die Website hat die Umbuchung noch nicht bearbeitet. Wir können nichts sehen. Das Callcenter ist Samstag nachmittags nicht besetzt und kostet 2,99 € pro Minute. Übrigens geht auch Montags niemand drans
Meine juristische Kampfausbildung, die seit dem ersten Herzinfarkt in meinem Unterbewusstsein laut herumgeschrien hatte und auf sich aufmerksam machen wollte, verschafft sich langsam Gehör. „Das kann ja wohl nicht rechtens sein“ „Gibt es da nicht eine EU-Verordnung…?“
In der Schreckensemail wird auf die „Allgemeinen Beförderungsbedingungen“ der Airline verwiesen. Ich lese mich ein. Und da in Sektion 15 Nr. 1 steht es: „soweit in der Verordnung Nr. 261 nicht anders bestimmt…“. Schnell die Verordnung Nr. 261/2004, besser bekannt als „Fluggastrechteverordnung“, aufrufen, lesen, dann nach einem Kommentar suchen. Checken, lesen, hin und zurück zwischen den Beförderungsbedingungen, Richtlinie, Kommentar. Mein Partner stellt keine Fragen, er kennt das: Wütender Problemlösungsmodus, hektische Notizen und dann „Ha!“ und „Ich wusste es!“ „Das können die so nicht machen“.
Der Coup der EU
Tatsächlich hat die EU mit der Fluggastrechteverordnung einen ziemlichen Coup gelandet, wenn es um Verbraucherschutz von Fluggästen geht. Bereits nach kurzem Einlesen ist klar: wenn die Airline die Flüge annulliert wird es schnell teurer – für die Airline. Erfolgt die Annullierung weniger als zwei Wochen vor dem Flug, macht sie sich schadensersatzpflichtig. Darüber hinaus muss sie immer für eine alternative Beförderung sorgen. Und zwar für die Frühestmögliche. Airlines dürfen sich dabei nicht – so wie es unser Anbieter versucht hatte – auf ihre eigenen Flüge beschränken.
Ich habe dann schnell herausgefunden, dass es von einem anderen großen Flughafen in Deutschland aus an unseren ursprünglichen Flugtagen Flüge zweier bekannter größerer Airlines gibt. Beide natürlich deutlich teuerer als unsere ursprünglichen Flüge. Nett wie ich bin, habe ich dies unserer Fluggesellschaft mitgeteilt und darum gebeten, uns auf den günstigeren der beiden Flüge an unseren ursprünglichen Reisetagen zu buchen. Plus Zugticket zum anderen Flughafen versteht sich.
Noch winden sie sich. Aber ich habe innerhalb von zwei Tagen eine Antwort auf meine E-Mail erhalten, obwohl auf der Website eine 30-tägige Wartezeit angekündigt worden war. Meine Frist läuft am Montag aus. Ich bin gespannt, ob sie sich an die geltende Gesetzeslage halten oder ich meine Forderung einklagen darf.
TBC