Neues in meinem Kampf für die Rechte der Fluggäste


Wie ihr in meinem letzten Post „Mein Freund, die Fluggastrechteverordnung“ nachlesen könnt, habe ich letzten Sommer den Flugunternehmen den Krieg angesagt und damit begonnen, die Rechte von Fluggästen auch gerichtlich durchzusetzen. Nicht nur in meinem Fall, sondern auch bei Freunden und Mandanten.

Dabei fällt auf, dass nicht nur sogenannte „Billigfluglinien“ kontinuierlich die Fluggastrechteverordnung vollständig missachten, sondern auch große, etablierte Fluggesellschaften zu den Tätern zählen. Auch wird von Seiten der Fluglinien kontinuierlich versucht, den Fluggästen den Weg zu ihrem Recht so schwer und steinig wie möglich zu machen. Man muss als Fluggast darauf gefasst sein, sich mit der Fluglinie gerichtlich auseinanderzusetzen. Zu einer außergerichtlichen Einigung bzw. ohne juristische Intervention hat der Fluggast keine Chance.

Ich jedenfalls würde mir an dieser Stelle ein staatliches Intervenieren wünschen. Ich bin der Meinung, dass der Staat es nicht seinen Verbrauchern aufbürden darf, dafür zu sorgen, dass Gesetze eingehalten werden. Wenn Firmen in einem solchen Ausmaß Verbraucherrechte bewusst brechen, müsste dies zu staatlichen Sanktionen führen und nicht zu mehr finanziellem Support auf Kosten eben der Verbraucher und Steuerzahler, deren Rechte auf täglicher Basis verletzt werden.

Die Judikative als Korrektiv

Solange es aber leider keinen adäquaten Verbraucherschutz in Bereich des Fluggastrechts gibt, muss die Judikative als Korrektiv dienen, und das tut sie auch. Auf Grundlage der Fluggastrechteverordnung lassen sich die meisten Fälle schnell und eindeutig gewinnen, leicht verdientes Geld für die Anwälte.

Leider gilt das für beide Seiten. Den Fluggesellschaften scheint es nicht darauf anzukommen, wirklich vor Gericht zu gewinnen. Die Schriftsätze der Beklagtenvertreter sind offensichtlich recycelt man versucht nicht wirklich, sich inhaltlich zu wehren – möglicherweise weil man weiß, dass man im Unrecht ist? Eher lustlos wird von den Anwälten der Flugunternehmen auf ABB’s (Allgemeine Beförderungsbedingungen – die AGB für Airlines) verwiesen, obgleich allen Beteiligten bekannt ist, dass diese aufgrund von Artikel 15 der Fluggastrechteverordnung unwirksam sind, wenn sie der Verordnung widersprechen oder die Rechte der Fluggäste einschränken wollen. Es könnte nicht offensichtlicher sein, dass es sich um einen Schauprozess handelt, der nur dazu dient, den Fluggast zu zermürben und ihn am klagen zu hindern.

Die Pandemie als „außergewöhnlicher Umstand“

Viel „gefährlicher“ ist der Versuch der Fluggesellschaften, sämtliche Annullierung im Rahmen der Pandemie als außergewöhnliche Umstände zu verkaufen und diesen Ausnahmetatbestand damit aufzusprengen. Grundsätzlich schulden Fluggesellschaften, wenn sie innerhalb von 14 Tagen vor dem gebuchten Flugtermin den Flug annullieren, eine Ausgleichszahlung an den Fluggast, dessen Höhe sich nach der Länge der gebuchten Flugstrecke richtet.

Ausnahmsweise muss diese Ausgleichszahlung nicht geleistet werden, wenn die Annullierung auf Grundlage von außergewöhnlichen Umständen erfolgen musste, die außerhalb der Kontrolle der Fluggesellschaft stehen. Beispielsweise eine Naturkatastrophe wie der Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull in 2010.

Natürlich steht außer Frage, dass sich viel durch die Pandemie und die daraus folgenden Reisebeschränkungen geändert hat. Allerdings darf man nicht schlussfolgern, dass jede Annullierung seit Anfang 2020 jetzt automatisch von der Ausgleichszahlung befreit ist (so auch das Amtsgericht Köln im Urteil 159 C 182/20 vom 30.10.2020).

Ich vertrete den Standpunkt, dass Fluggesellschaften sich auf die neuen Umstände während der Pandemie anpassen müssen, und das Risiko für eine Annullierung, gerade aus wirtschaftlichen Gründen, wie zum Beispiel der Unterbuchung eines Fluges wegen kurzfristiger Stornierungen, nicht auf die Fluggäste abladen dürfen. Art 5 III der Fluggastrechteverordnung muss ein restriktiv auszulegender Ausnahmetatbestand bleiben und darf nicht alleine durch die Erwähnung der Pandemie entwertet werden.